Bereits während der Coronakrisa ist die Bedeutung der Luftfracht in der deutschen und europäischen Luftfahrtindustrie angewachsen. Während des Stillstands des Passagierverkehrs hielt der Frachtbereich für viele Flughäfen und Airlines den Flugbetrieb aufrecht. Nicht zuletzt konnte auch mittels dieser Flugverkehre die Versorgung mit systemrelevanten und zeitkritischen Gütern sichergestellt werden. Aktuelle Krisen wie der Ukraine-Krieg steigern die Bedeutung des Luftfracht-Sektors einerseits als Jobmotor und andererseits als Stützpfeiler für das Aufrechterhalten von Lieferketten weiter.
Flughafen Lüttich prognostiziert weiteres Wachstum bei Luftfracht
Trotz absehbarer Stagnation der weltweiten Tonnage versprechen etwa die aufstrebenden Branchen E-Commerce oder Pharma auch künftig Wachstumschancen für die internationale Luftfracht, prognostiziert der Flughafen Lüttich bei einer Veranstaltung des Aircargo Club Deutschland. Das die Luftfracht Wachstumstreiber für Flughäfen sein kann, hat der belgische Flughafen in kurzer Zeit bewiesen. Mit Ausrichtung als „Cargo-Only-Airport“ erreichte LGG, so der IATA-Code, in 25 Jahren den Ausbau zum Standort mit der fünfthöchsten Tonnage in Europa. Trotzte der Flughafen Lüttich dank seiner Frachtstrategie der Luftfahrtkrise 2001 oder den Verwerfungen des weltwirtschaftlichen Abschwungs 2008/09 mit ununterbrochenem Wachstum, hat der Airport während der COVID-19-Pandemie nochmals die Relevanz des Frachtbereichs unterstrichen. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 ist 2021 die Tonnage in LGG um 56 Prozent gestiegen. Laurent Jossart, Chief Executive Officer des Flughafen Lüttichs, prognostizierte in der November-Versammlung des Aircargo Club Deutschland erstmalig einen sehr leichten Rückgang seiner Tonnagen 2022 – und bestätigte somit aus seiner Warte die global avisierten Vorhersagen für die Branche in einer komplizierten Lage auf den Märkten.
An seinen Ausbauplänen hält der Flughafen Lüttich dennoch überzeugt fest. Insbesondere im Segment E-Commerce bleibt Jossart optimistisch: „Wir wissen, dass die Auftragszahlen im E-Commerce-Bereich generell gerade geringer sind, jedoch sind die Aussichten auf dem Markt wieder sehr vielversprechend. Ein weiterer Beleg dafür ist auch die Verdreifachung der Amazon Air-Aktivitäten in Lüttich“, so der Geschäftsführer. 650 Millionen Pakete wurden in LGG 2021 abgefertigt – ein Zuwachs von annähernd 80 Prozent im Vergleich zu 2019. Für das Gesamtergebnis 2022 bleiben die Prognosen weiterhin vielversprechend: Im Herbst vergangenen Jahres eröffnete Cainiao, die Logistiktochter des chinesischen Online-Handlers Alibaba, ein 30.000 Quadratmeter großes Logistikzentrum direkt am Flughafen. Flankiert von einer Digitalisierungs- und Qualitätsoffensive wird die Ausbau-Strategie auch anderweitig fortgeführt. Bis 2025 werden die sogenannten Cargo City West und Cargo City North/East am Airport fertiggestellt. Mit diesen Entwicklungen werden weitere 280.000 Quadratmeter Büro- und Lagerflächen entstehen. Auf die weltweit steigenden Tonnagen im Bereich Pharma, Biotech und verderblicher Güter, den sogenannten Perishables, ist die Cargo-Gemeinschaft in LGG bereits bestens eingestellt. So sind insgesamt acht Einrichtungen auf die Lagerung temperatur-sensitiver Güter spezialisiert.24-Stunden-Flugerlaubnis vor Ort
Trotz ungebrochenen Ausbaus der Tonnagen sowie einer 24-Stunden-Flugerlaubnis vor Ort, ist die öffentliche Wahrnehmung des Flughafens Lüttich überwiegend positiv. Rund 140 Unternehmen sind am Airport angesiedelt. Mehr als 10.000 Menschen sind direkt und indirekt beschäftigt. „Der erneute Erhalt der 24-Stunden-Erlaubnis war eine gute Gelegenheit, den Menschen die positiven Aspekte und die Entwicklung unseres Flughafens aufzuzeigen“, berichtet Jossart.
„Mit seinem Fokus auf Luftfracht beweist der Flughafen Lüttich, dass der Luftfrachtbereich sowohl ein Jobmotor als auch ein wichtiges ökonomisches Standbein für einen Flughafen darstellt. Ebenso eindrücklich sichtbar wird hier, dass Wachstum und Akzeptanz in Politik und Bevölkerung keinen Widerspruch ergeben müssen, wie etwa die erneute Erteilung der 24-Stunden-Flugerlaubnis beweist“, sagt Prof. Dr. Christopher Stoller, Präsident des Aircargo Club Deutschland.